Forschung

Das IQMT wurde am 1.1.2020 als Zusammenschluss von Arbeitsgruppen des KIT gegründet, die sich mit verschiedenen Aspekten der Erforschung von Quantenmaterialien und Technologien befassen. Das IQMT umfasst das frühere Institut für Festkörperphysik (IFP) sowie Arbeitsgruppen mit enger Verbindung zu Arbeitsgruppen des Instituts für Nanotechnologie (INT), des Physikalischen Instituts (PHI) und des Instituts für Theorie der Kondensierten Materie (TKM). Hierdurch ergibt sich ein breites Spektrum hinsichtlich der Theorie und des Experiments zu Quantenphänomenen in Festkörper- und Molekülsystemen, das sich auch in der Gliederung des Instituts in die Abteilungen

widerspiegelt. Eine gemeinsam mit dem Institut für Nanotechnologie (INT) betriebene Technische Infrastruktur mit Mechanischer und Elektrischer Werkstatt unterstützt die Forschergruppen.

 

Herausragende Veröffentlichungen / Neuigkeiten

Beobachtung von Josephson-Oberwellen in Tunnelkontakten

Das Standardmodell für Josephson-Tunnelübergänge basiert auf einer rein sinusförmigen Strom-Phasen-Beziehung. Es gilt jedoch nur im Grenzfall von Kanälen mit verschwindend geringer Transparenz in der Tunnelbarriere. Für AlOx-Josephson-Tunnelkontakte, wie sie in modernen Qubit-Transmon-Schaltungen verwendet werden, sagt ein realistische Modellierung des Tunnelns durch die inhomogene AlOx-Barriere die Beimischung von Josephson-Oberschwingungen im Prozentbereich vorher. Da die Strom-Phasen-Beziehung unmittelbar die potenzielle Energie von Transmonenschaltungen bestimmt, kann die Stärke dieser Beiträge aus den experimentellen Energiespektren der Schaltkreise abgeleitet werden. Proben aus verschiedenen Labors zeigten unterschiedlich hohe Beimischungen höherer Josephson-Oberwellen. Überraschenderweise vermindern die intensiven Josephson-Oberschwingungen, die in IBM-Qubits gefunden wurden, offenbar deren Dekohärenz durch Ladungsrauschen. Dies zeigt eine mögliche Optimierungsstrategie für supraleitende Qubit-Schaltungen durch eine geeignete Präparation von Josephson-Oberwellen auf.

Nat. Phys. (2024)

Vollständige Phononen-Aufweichung oberhalb des CDW-Phasenübergangs in 2H-TaSe2

Die Untersuchung des Ladungsdichtewellen-Übergang (CDW) in 2H-TaSe2 mittels inelastischer Röntgenstreuung (IXS) mit meV-Auflösung ermöglichte eine eindeutige Trennung zwischen dem statischen Übergitter-Peak und in- oder quasi-elastische Streuung durch ein weiche Phononen. Die vollständige Aufweichung eines longitudinalen akustischen Phononenmodus bei qCDW = (0.323,0,0) tritt bereits bei einer Temperatur T* = 128.7 K auf, wohingegen die Streuung durch statische CDW-Übergitter auch beim weiteren Abkühlen auf TCDW = 121.3 K noch stark ansteigt. IXS-Messungen mit hoher Impulsauflösung bei E = 0 ergaben, dass im Übergangsbereich TCDW ≤ T ≤ T* als überdämpfte Soft-Phonon-Moden beobachtete Gitterfluktuationen mit statischen mittelgroßen CDW-Domänen koexistieren, die sich erst für T ≤ TCDW in einen langreichweitig geordneten Zustand umordnen.

Nat. Commun. 14 (2023) 7282

In Schaltungen integrierte Nanoröhren-Bauelemente mit Offene-Quantenpunkte-Verhalten

Bislang zeigten komplexe Quantenschaltungen auf der Basis von mechanisch in Schaltungen integrierten Kohlenstoff-Nanoröhren (CNT) aufgrund eines zu großen CNT-Metall-Übergangswiderstands nur das Coulomb-Blockade-Verhalten von abgeschlossenen Quantenpunkten. Eine neuartige Präparationstechnik ermöglicht nun eine wesentlich höhere Transparenz dieser Grenzflächen, sodass Fabry-Perot-Interferenz und Kondo-Physik nachgewiesen werden konnten. Die Nanoröhren können mit einer Ausrichtungsgenauigkeit von ± 200 nm in Schaltungen eingefügt werden. Auf der Basis von Kohlenstoff-Nanoröhren können nun supraleitende Qubits oder flussgesteuerte Optomechanik realisiert werden.

Commun. Mater. 5 (2024) 5

EU-Projekt zu quantenlimitierten Mikrowellenverstärkern

Ein vom KIT koordiniertes EU-Projekt hat die Weiterentwicklung eines störungsunempfindlichen quantenlimitierten Mikrowellenverstärker-Bauelements ( "TruePA": "Truly Resilient Quantum Limited Traveling Wave Parametric Amplifiers") zum Ziel, das als Schlüsselkomponente zur Verstärkung von schwachen elektromagnetischen Signalen in Quanten-Kryptographie, -Kommunikation oder -Computing eingesetzt werden könnte. In dem vom KIT zusammen mit europäischen Partnern betriebenen und von der EU über eine Laufzeit von drei Jahren mit drei Millionen Euro geförderten Projekt sollen neuartige supraleitende Schaltkreise entworfen und die Schaltungen dann mit neuen, auf quantenoptischen Techniken basieren Methoden charakterisiert werden.

KIT-News 2023 (0)

Heiße Lumineszenz von Einzelmolekülen von elektrisch und mechanisch selbstentkoppelten Chromophoren auf tripodalen Gerüsten

Die elektrischen Kontaktierung von einzelnen Molekülen ist eine Voraussetzung für die Verwirklichung von molekularer Optoelektronik. Die Versuche, einzelne Chromophore auf molekulare Tripod-Gerüste zu montieren, um sowohl eine effiziente elektrische als auch mechanische Entkopplung einzelner Chromophore von den metallischen Zuleitungen zu erzielen, haben nun eine deutliche Verbesserung gebracht: Während in einem ersten Versuch mit einer kleineren tripodalen Plattform die Physisorption des montierten Chromophors gegenüber der Chemisorption der Fußstruktur begünstigt wurde, sodass sich dieses flach auf die Oberfläche legte, führte nun die Modifikation des tripodalen Gerüstmoleküls durch Vergrößerung der π-Systeme der drei Fußsubstituenten zu einer Erhöhung von deren Chemisorption am Metallsubstrat, zu einer Stabilisierung der gesamten Fußstruktur und schließlich auch zu einer stabilen aufrechten Anordnung des aufgebrachten Chromophors. Dies ermöglichte die STM-Beobachtung der spektral und räumlich aufgelösten Elektrolumineszenz von einzelnen selbstentkoppelten Chromophore. Durch die mechanische Entkopplung zwischen den Vibronen des Chromophors und dem Substrat waren in einzelnen selbstentkoppelten Chromophoren sogar heiße Lumineszenzbanden sichtbar.

Nat. Commun. 14 (2023) 8253

Amir-Abbas Haghighirad ist auch 2023 wieder "Highly Cited Researcher"

Amir-Abbas Haghighirad gehört wie schon in den letzten drei Jahren auch in diesem Jahr zusammen mit vier weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des KIT zu den "Highly Cited Researchers" des Jahres 2023, einer Rangliste, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufführt, deren Publikationen zwischen Januar 2012 und Dezember 2022 am häufigsten zitiert wurden. Eine Publikation gilt erst dann als "Highly Cited", wenn sie in ihrem Fachgebiet und ihrem Erscheinungsjahr zu den Top 1 % der Gesamtzitate zählt.

KIT-News (2023)

Riesige Gittererweichung in Sr2RuO4 durch elektronischen Lifshitz-Übergang

Die Spannungs-Dehnungs-Beziehung des quasi-2D korrelierten Metalls Sr2RuO4 wurde untersucht, während es durch einen Sattelpunkt-Lifshitz-Übergang abgestimmt wurde, bei dem sich die Topologie der Fermi-Oberfläche ändert und das Fermi-Niveau eine Van-Hove-Singularität durchquert. Durch die Kombination direkter Spannungs-Dehnungs-Messungen mit experimentell ermittelten Entropiedaten über denselben Übergang konnte die Existenz einer unerwartet großen Erweichung des Gitters nachgewiesen werden, die ausschließlich durch Leitungselektronen verursacht wird.

Science 382 (2023) 447

ERC Synergy Grant für Axionen-Detektor auf der Basis supraleitender Qubits

Das auf 6 Jahre angelegte internationale Projekt „Quantum Technologies for Axion Dark Matter Search“ (kurz: „DarkQuantum“) erhält ein mit 12.9 Mio. €, davon rund 2 Mio. € für das KIT, Fördersumme ausgestattetes ERC Synergy Grant zum Aufbau eines Detektorsystems, mit dessen Hilfe Axionen, bisher hypothetischen Elementarteilchen, die als vielversprechende Kandidaten für die Dunkle Materie gelten, experimentell nachgewiesen werden sollen. Hierbei dienen supraleitende Qubits als extrem rauscharme Detektoren („Axion-Haloskope“) für die spezifische elektromagnetische Strahlung, die bei der Wechselwirkung von Axionen mit starken Magnetfeldern erzeugt wird.

KIT-Presseinformation 87 (2023)

Verbesserte primäre Hochdruck-Skala stellt heutiges Verständnis der Erdkern-Physik in Frage

Die Messung der Schockkompression von Metallen war bislang die Standardmethode zur Erstellung einer genauen Druckskala bei sehr hohen Drücken. Aus solchen Experimenten werden aber nicht-isotherme Hugoniot-Kurven abgeleitet, die durch Extrapolation und Näherungen in eine isotherme Skala umgewandelt werden müssen. Durch kombinierte Messung der Schallgeschwindigkeiten und der Dichte einer Rheniumprobe in einer Diamant-Ambosszelle mittels inelastischer Röntgenstreuung und Röntgenbeugung konnte nun eine primäre Druckskala erstellt werden, die bis zu den Multimegabar-Drücken des Erdkerns reicht und zeigt, dass frühere Skalen die Labordrücke bei 230 GPa um mindestens 20 % überschätzt haben. Als unmittelbare Folge muss das derzeitige Bild der Physik des Erdkerns revidiert werden, da es auf falschen Dichtewerten von Fe bei solch hohen Drücken beruht.

Sci. Adv. 9 (2023) 8706

Bandaufgelöste Caroli-de-Gennes-Matricon-Zustände von Vortices mit mehreren Flussquanten in einem Multiband-Supraleiter

Die Zweiband-Supraleitung von Pb ermöglicht Einzel- und Mehrfach-Flussquanten-Vortices im Zwischenzustand bei Millikelvin-Temperatur. Mit Hilfe von Rastertunnelmikroskopie konnte die Windungszahl einzelner Vortices aus der räumlich aufgelösten Abbildung der Wellenfunktion ihrer Caroli-de-Gennes-Matricon-Bindungszustände bestimmt werden.

Sci. Adv. 9 (2023) 9163

Riesige nichtflüchtige elektrische Feldsteuerung des proximity-induzierten Magnetismus in SrIrO3

Mit SrIrO3-Heterostrukturen wurde eine nichtflüchtige elektrische Steuerung von proximity-induziertem Magnetismus demonstriert. Dabei wurde eine riesige Variation der anomalen Hall-Leitfähigkeit und des Hall-Winkels als Funktion der angelegten Gate-Spannung Vg um bis zu 700 % erreicht. Die Curie-Temperatur TC und die magnetische Anisotropie des Systems blieben im Wesentlichen unbeeinflusst, was auf eine durch das angelegte elektrische Feld induzierte Änderungen der anomalen Berry-Krümmung hindeutet.

Adv. Funct. Mater. (2023) 2308346

Physikpreis Dresden 2023 für Jörg Schmalian

Jörg Schmalian erhält den Physik-Preis Dresden des Jahres 2023 als Auszeichnung seiner Forschung auf dem Gebiet der Theorie der Kondensierten Materie und als Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung der engen Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für Physik komplexer Systeme (MPI-PKS) und der TU Dresden.

Physik-Preis Dresden (2023)

Hochreine Verschränkung durch Nichtreziprozität

Protokolle für die Verarbeitung und Verbreitung von verteilter Quanteninformation erfordern die Fähigkeit, Verschränkung zwischen propagierenden Moden zu erzeugen. Thermische Fluktuationen können jedoch die korrekte Übertragung und Reinheit der sich ausbreitenden verschränkten Zustände insbesondere bei Hochfrequenz (HF)-Signalen stark einschränken.
In einer Zusammenarbeit der FU Berlin, der Princeton University, der Hebrew University of Jerusalem und des KIT wird nun vorgeschlagen, Nicht-Reziprozität zu nutzen, um die Robustheit der kontinuierlich variablen Verschränkung von sich ausbreitenden Moden gegen thermische Fluktuationen zu verbessern, indem durch das Aufbrechen der Reziprozität hochreine verschränkte Zustände in einer Zwei-Moden-Squeezing-Wechselwirkung und unter Ausnutzung paarweiser Gauß'scher Wechselwirkungen erzeugt werden, was sich gut für eine parametrische Schaltkreis-QED-Implementierung eignet, z. B. als supraleitende Schaltung. Das wesentliche Grundbauelement ist hierbei eine asymmetrische 3-Moden-Kopplungsschleife (s.Abb.), über deren Parameter sich nichtreziprokes Übertragungsverhalten einstellen lässt. Überraschender- und erfreulicherweise ergibt sich bei perfekter Einstellung der Nicht-Reziprozität gleichzeitig auch eine Maximierung der Verschränkung und der Reinheit der ausgehenden Zustände.

PRX QUANTUM 4 (2023) 20344

Co-substituierte magnetische Metallhalid-Perovskite

Die Aussicht auf kostengünstige und effiziente optoelektronische Bauelemente ist die treibende Kraft hinter der in jüngster Zeit erfolgten Entwicklung von Metallhalid-Perovskitmaterialien. Einzelkontakt-Photovoltaik-Bauelemente erreichten Leistungskonversions-Wirkungsgrade bis zu 25.7% und Licht-emittierende Dioden mehr als 20% Quantenausbeute.
Mit Übergangsmetallionen substituierte Metalloxidperovskite zeigen ein breites Spektrum von physikalischen Eigenschaften wie Ferroelektrizität, Piezoelektrizität, Photokatalyse, Supraleitung und kolossalen Magnetwiderstand. Die bislang im Vergleich zu ihren analogen Oxidperovskiten recht eingeschränkte Funktionalität von 3D-Halidperovskiten ist größtenteils auf die sehr begrenzte Anzahl von Metallionen zurückzuführen, die den B-Platz im ABX3-Gitter einnehmen können. Experimentell wurde nun gezeigt, dass Co2+-Ionen in die Perovskit-Kristallstruktur eingebaut werden können. Dies führt nicht nur zu magnetischen Eigenschaften, sondern die Co2+-Ionen könnnen selbst als Sonden zur Charakterisierung der lokalen elektronischen Umgebung der Pb-Ionen im Perovskitgitter eingesetzt werden und so Informationen zur physikalischen Natur dieser Einbettung in das Material liefern. Co-dotierte MAPbI3-Filme zeigen für geringe Co-Konzentrationen eine nur geringe Absenkung ihrer Photovoltaikleistung und Photolumineszenz, die Bandlücke bleibt davon unberührt.
Abbildung: Grafische Zusammenfassung durch K. Grube (IQMT), ausgewählt als Innenseite der Titelseite: Co2+-Ionen (als Roboter dargestellt) nutzen sich selbst als Sonden, um die lokale elektronische Umgebung von Blei im Perowskit zu erfassen.

Small Methods (2023) 2300095

Fe(II)-Spin-Crossover-Moleküle auf magnetischem Co/Au(111)

Spin Crossover (SCO) ist ein bei gewissen Metall-Komplexen beobachtetes Phänomen, dass sich der Spin-Zustand des Komplexes durch eine äußere Anregung ändern lässt. Üblicherweise kommt es dabei zu einem Wechsel zwischen einer Konfiguration mit niedrigem Spin (LS) und einer mit hohem Spin (HS). Die Empfindlichkeit dieser Reaktion hinsichtlich einer Veränderung der Umgebung macht diese Materialien zu idealen Kandidaten für molekulare Spintronik. Komposite aus SCO-Komplexen auf ferromagnetischen (FM) Oberflächen eröffnen die Möglichkeit, dieses Umschalten des Spin-Zustands über die magnetische Austauschwechselwirkung mit dem magnetischen Substrat zu bewerkstelligen. Leider wurde bei den bisherigen diesbezüglichen Versuchen bislang immer das Umschalten des Spin-Zustands durch eine zu starke Wechselwirkung der adsobierten Moleküle mit der Oberfläche blockiert. Nun konnte eine Sub-Monolage von Fe(II)-SCO-Komplex-Moleküle auf durch eine Monolage Au passivierte Co-Filme auf Au(111) deponiert werden, wobei die SCO-Komplexe im HS-Zustand zwar ferromagnetisch mit dem FM CO-Film wechselwirken, aber dennoch in den LS-Zustand umgeschaltet werden konnten. Dies könnte eine Grundlage für SCO-FM-Hybrid-Bauelemente darstellen.

Small (2023) 2300251

Untersuchung der Herstellung von Li-Batterie-Kathoden-Materialien

Geschichtete Lithium-Übergangsmetalloxide (LiMeO2) wie LiNixCoyMn1−x−yO2 (0 ≤ x, y ≤ 1.0 ; “NCM”) sind aussichtsreiche Kathodenmaterialien für Li-Batterien aufgrund ihrer hohen spezifischen Kapazitäten von bis zu 0.22 Ah/g. Die ähnlichen Ionenradien von Ni2+(0.69 Å) und Li+ (0.76 Å) führen jedoch zu Me/Li-Unordnung, die als einer der Hauptfaktoren für den raschen Kapazitäts- und Spannungsabfall, die geringe thermische Stabilität und irreversiblen Oberflächenreaktionen angesehen wird.
In einer internationalen Kooperation unterr Beteiligung des IQMT und unter der Federführung des Batterieforschungszentrums an der Universität Münster wurde nun die Herstellung von Ni-armen (“NCM111”, LiNi1/3Co1/3Mn1/3O2) und Ni-reichen (“NCM811” LiNi0.8Co0.1Mn0.1O2) Lithium-Übergangsmetall-Oxiden mittels in-situ-Synchrotron-Pulverdiffraktion und Nahkanten-Röntgenabsorptions-Feinstruktur-Spektroskopie untersucht. Es stellte sich heraus, dass sich die Schichtstruktur dieser zwei Kathode über zwei gänzlich unterschiedliche Reaktionsmechnismen ausbildet. Ein Vorhalteschritt bei 500 °C stellte sich als entscheidend zur Vermeidung einer unvollständigen Ni-Oxidation von Ni2+ zu Ni3+ her, was dann zu einer geringen Raten- und Zyklierungsstabilität führt. Außerdem kommt es vor allem bei Ni-reichen Materialien bei Langzeit- Zyklierung zu einer Zersetzungsreaktion mit der Herausbildung von NiO auf der Oberfläche.

Chem. Mater. 35 (2023) 1514

STM-Aktivierung der Elektrolumineszenz von einzelnen Molekülen auf einem Au(111) Substrat

Um einzelne auf einer elektrisch leitenden Substratoberfläche adsorbierte Moleküle zu Elektrolumineszenz anzuregen, müssen die Molekül-Orbitale so an die Elektroden ankoppeln, dass zwar Ladung übertragen werden kann, dass aber andererseits diese Kopplung schwach genug bleibt, um einen für eine Lichtemission geeigneten angeregten Zustand zu ermöglichen. Dies wird üblicherweise durch Einschub einer dünnen NaCl-Isolationsschicht bewerkstelligt. Eine vielversprechende Alternative besteht darin, dass man das Chromophor, d.h. den Teil des Moleküls, in dem anregbare Elektronen verfügbar sind, mittels eines geeigneten Abstandshalter-Moleküls gegen einen direkten Ladungsabfluss isoliert. 2,6-core-substituiertes Naphthalen-Diimide wurde nun als aussichtsreiches Material hierfür untersucht, da dieses Molekül aus einem Chromophor besteht, das über einen Alkin-Abstandshalter mit einer Triphenylmethan-Plattform mit drei Azetyl-geschützten Thiol-Verankerung mit einem Au(111)-Substrat verbunden werden kann. Die Hoffnung, dass der Molekülkomplex durch diese tripodale Verankerung aufrecht gehalten werden kann, erfüllte sich jedoch nicht, da durch die Van-der-Waals-Anziehung zwischen Substrat und den großen Molekülen diese flach auf dem Substrat adsorbiert werden, was die Unterdrückung der Elektrolumineszenz der Moleküle zur Folge hat. In den nun berichteten STM-Experimenten konnten einzelne Moleküle wieder in einen Licht-emittierenden Zustand umgeschaltet werden. Die Emission ist hinsichtlich Quantenausbeute (10-5–10-4 Photonen pro Elektron), Stabilität und Reproduzierbarkeit vergleichbar mit der von Einzelmolekülen auf Isolationsschichten. Quantenchemische Berechnung legen nah, dass das Licht von einem einfach positiv geladenen Molekül-Paar emittiert wird.

Phys. Rev. Lett. 130 (2023) 36201

Phonon-Instabilität führt zu Ladungsdichtewelle in BaNi2As2

Die inkommensurable-Ladungsdichtewelle (I-CDW) in BaNi2As2 wurde in Röntgenstreu-Experimenten untersucht. Bereits bei Raumtemperatur können für die Ordnungswellenvektoren qI-CDW (0.28 0 0) und (0 0.28 0) (in Einheiten der reziproken Gittervektoren der tetragonalen Kristallstruktur mit in xy-Orientierung ausgerichteten Ba- und NiAs-Lagen) diffuse Streusignale beobachtet werden, die die Ausbildung einer I-CDWs mit sehr kurzen Korrelationslängen ξk ∼ 10 Å in der xy-Ebene und ξl ∼ 4 Å senkrecht dazu belegen, die zu tieferen Temperaturen hin größer werden. Die Divergenz von ξl bei TI-CDW = 146 K wird von einer kleinen orthorhombischen Gitterverzerrung begleitet. Die I-CDW-Überstrukturreflexe bleiben bestehen bis herab zu Ttri = 135 K wo BaNi2As2 in einem Phasenübergang 1. Ordnung in eine trikline Struktur übergeht, in der die Bindung der Ni-Ionen an die jeweils darum angeordneten 4 As-Ionen nicht länger die Tetraheder-Symmetrie beibehält und die Ni-Ionen sich anscheinend durch die Ausbildung von Ni–Ni-Dimeren in Zickzack-Ketten anordnen. Die I-CDW geht hierbei in eine kommensurable Modulation (C-CDW) mit einem Ordnungsvektor qC-CDW (1/3 0 1/3) über.
Energieaufgelöste inelastische Röntgenstreuung um qI-CDW ermöglichte die Beobachtung der Dispersion von zwei optischen Phononmoden mit einem klaren Einbruch in der Dispersion der Phononmode mit der geringeren Energie bei qI-CDW. Das Phonon wir dort bei weiterer Abkühlung immer weicher und führt dann letzten Endes zum Übergang in den I-CDW-Zustand. Dieser Befund einschließlich der Phononinstabiltät wird sehr gut durch ab-initio-Phononberechnungen mittels Dichtefunktional-Störungstheorie (DFPT) beschrieben. Im Gegensatz zu anderen CDW-Materialien kann die Phononinstabiltät aber hier weder auf ein Fermiflächen-Nesting noch auf eine bei qI-CDW besonders ausgeprägte Elektron-Phonon-Kopplung zurückgeführt werden. Als eigentliche Ursache wird eine durch die anisotropen Ni-Ni-Bindungen und die Ni-Ni-Dimer-Ladungsfluktuationen zwischen den Orbitalen in und senkrecht zu den Ni-Lagen hervorgerufene ladungsbedingte elektronische Nematizität auf der Basis der orbitalen Freiheitsgrade vermutet.

Phys. Rev. Lett. 129 (2022) 247602

Qubit mit Josephson-Nanokontakt aus granularem Aluminium

Durch Deposition einer 20 nm dünnen Schicht aus granularem Aluminium und lithographischer Strukturierung von 20 nm breiten Nanobrücken wurden nanoskopische Josephsonkontakte hergestellt, die sich in in einer einfachen Qubit-Schaltung mit Kohärenzzeiten im Mikrosekundenbereich als gleichwertig zu den derzeit hier bevorzugt verwendeten Al–AlOx–Al Supraleiter-Isolator–Supraleiter (SIS) erwiesen. Da hierfür nur eine einzige Schichtdeposition benötigt wird, können die Kontakte wesentlich kleiner als SIS-Kontakte dimensioniert werden, die aufgrund der benötigten Multilagen-Deposition und -Strukturierung mindestens 100 x 100 nm2 Chipfläche benötigen. Dieser Größenvorteil hat unmittelbar eine geringere Magnetfeld-Empfindlichkeit zur Folge, sodass die Kontakte in größeren Schaltungen unempfindlicher gegen parasitäre Streufelder sind. Als weiterer Vorteil kann die Parallelplatten-Kapazität vermieden werden, sodass die mit der Aufladung der Kontakte durch Cooperpaare verknüpfte Energie in den Bereich von mehreren 10 GHz erhöht wird und damit mit der Josephson-Energie vergleichbar wird. Dies könnte für eine neue Funktionalität von Josephson-Schaltungen genutzt werden. Durch die nun erreichte große Genauigkeit bei der Messung der Josephson-Energie konnten hier spontane Sprünge auf der Zeitskala von Millisekunden bis zu Tagen beobachtet werden, was zu einer neuartigen Charakterisierung der mikroskopischen Defekte im supraleitenden Material verwendet werden könnte.

Nat. Mater. (2022)

Lokalisierung der Elektronen in der nematischen Phase

Gemeinsam von University of Oxford, University of Bath und KIT-IQMT wurden am Hochfeldmagnetlabor in Nijmegen der Magnetotransport in dünnen FeSe-Plättchen als Funktion der Probendicke untersucht. Die Auswertung der Daten auf der Basis eines 2-Band-Modells ergab eine ungewöhnliche Asymmetrie bei den Beweglichkeiten von Elektronen und Löchern in der nematischen elektronischen Phase: Quantenoszillationen in Magnetfeldern bis zu 38 T belegen lochartige Quasiteilchen mit einer geringeren effektiven Masse und einer um einen Faktor 3 reduzierte Quantenstreuzeit im Vergleich zu dem Verhalten in FeSe-Volumenproben. Die beobachtete Lokalisierung der negativen Ladungsträger bei Verringerung der Probendicke könnte von Orbital-abhängigen Korrelationseffekten, verstärkten Interband-Spinfluktuationen oder aber einem Lifshitz-ähnlichen elektronischen Phasenübergang herrühren.

PNAS 119 (2022) 2200405

Elektronische nematische Flüssigkeit in BaNi2As2

Mittels Raman-Spektroskopie wurde bei BaNi2As2 eine außerordentlich große energetische Aufspaltung der zweifach entarteten planaren Vibrationen der NiAs-Tetraeder beobachtet. Im Gegensatz zu den entsprechenden Fe-basierten Systemen, wo diese Aufspaltung als Beleg für einen nematischen Symmetriebruch angesehen wird, erfolgt diese in BaNi2As2 bereits im Temperaturbereich deutlich oberhalb der Übergangstemperatur des strukturellen Phasenübergangs. Es handelt sich daher nicht um die symmetriebedingte Aufhebung einer Entartung sondern um einen dynamischen Effekt: Die Aufspaltung kann durch eine besonders starke Kopplung von Fluktuationen zwischen entarteten elektronischen nematischen Konfigurationen (vermutlich der Elektronen-Orbitale) und den Kristallgitter-Freiheitsgraden erklärt werden, was darauf hindeutet, dass die tetragonale Phase von BaNi2As2 eine dynamische elektronische nematische Phase aufweist.
Die Verbreiterung und Aufspaltung der Spektrallinien der planaren Phononen kann beschrieben werden als eine verstrickte Überlagerung von zwei entarteten nematischen Zuständen, die an ein Bad von Schwingungsquanten gekoppelt sind. Damit ergibt sich eine Analogie zur Phänomenologie der Spin-Flüssigkeiten, dynamischen Zuständen ohne langreichweitige Ordnung aber mit langreichtweitiger Verstrickung.

Nat. Commun. 13 (2022) 4535

Elektrolumineszenz von einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhren mit Quantendefekten

Einzelne einwandige Kohlenstoff-Nanoröhren mit kovalenten Wanddefekten habe sich als Photonenquellen etabliert, deren Photolumineszenz-Spektren durch die Chiralität der Nanoröhren und die daran angebrachte funktionelle Molekülgruppe maßgeschneidert werden können. Einzelne mit Dichlorbenzol-Molekülen modifizierte (7, 5)-Kohlenstoff-Nanoröhren wurden nun mit Graphen-Elektroden kontaktiert und in Elektrolumineszenz-Spektroskopie untersucht. Die Teststrukturen zeigten elektrisch erzeugte defekt-induzierte Emissionen, die sich durch eine angelegte Gatter-Spannung steuern und im Vergleich zu nicht modifizierten Nanoröhren stark zu kleineren Wellenlängen hin verschieben ließen. Die defekt-induzierten Emissionen lassen sich anhand der Korrelation der Elektrolumineszenz-Anregungen mit dem elektrischen Transport und der Photolumineszenz exzitonischen und trionischen Rekombinationsprozessen zuordnen. Unter kryogenen Bedingungen traten zusätzlich von der Gatter-Spannung abhängige Emissionslinien auf, die einer Phonon-unterstützten Heiße-Exzitonen-Elektrolumineszenz zugeordnet werden konnten. Es wurde gezeigt, dass die Elektrolumineszenz-Anregung Konfigurationen mit den niedrigsten Übergangsenergien und neutralem Defektzustand auswählt. Da sich diese Auswahl durch Anlegen einer Gatter-Spannung zur Bevorzugung von Konfigurationen mit geladenenem Defektzustand verändert lässt, kann hierdurch eine hohe spektrale Reinheit erzielt werden.

ACS Nano (2022)

Elastokalorische Bestimmung des Phasendiagramms von Sr2RuO4

Mit Hilfe einer auf Piezoaktoren basierenden Messanordnung wurde mit hoher Genauigkeit die elastokalorische Antwortfunktion von Sr2RuO4 gemessen. Diese spiegelt unter adiabatischen Versuchsbedingungen das Änderungsverhalten der Entropie wider. Nullstellen der Antwortfunktion enstprechen daher Extremwerten der Entropie.
In den Messdaten im Temperaturbereich T = 1 K - 8 K sind deutlich mehrere Zonen erkennbar, die durch Vorzeichenwechsel-Linien begrenzt werden. Für T > 3.5 K ist dies nur eine Linie, die durch Vergleich mit theoretischen Voraussagen einer Van-Hove-Singularität der elektronischen Bandstruktur zugeordnet werden konnte. Eine weitere Linie stimmt im Rahmen der experimentellen Genauigkeit exakt mit dem aus Messungen der spezifischen Wärme abgeleiteten Verlauf des Übergangs zur Supraleitung überein. Unklar bleibt der physikalische Mechanismus, der der augenscheinlich als Verlängerung der Van-Hove-Singularitätslinie in den Supraleitungsphasenbereich interpretierbaren Linie zugrunde liegt.
Insgesamt ergibt sich somit für Sr2RuO4 ein Phasendiagramm mit einem "supraleitenden Dom", wie es bereits von vielen Kuprat-, Pniktid-, organischen und Schwere-Fermionen-Supraleitern bekannt ist.

Nature 607 (2022) 276

Fluxonen in Hochimpedanz-Josephson-Langkontakten

Fluxonen, Suprastrom-Wirbel, können in langen Josephson-Kontakten durch einen Bias-Strom bis zu einer charakteristischen ("Swihart"-)Grenzgeschwindigkeit für die elektromagnetische Strahlung im Kontakt beschleunigt werden. Dieser Effekt kann für die Stromverstärkung in Supraleitungselektronik-Schaltungen genutzt werden. Beim Erreichen des Kontaktendes werden die Fluxonen reflektiert und dabei in Anti-Fluxonen, Suprastrom-Wirbel mit der umgekehrten Rotationsrichtung, umgewandelt, die dann in die Gegenrichtung beschleunigt werden. Dieser Mechanismus kann für eine Anwendung als abstimmbarer Oszillator genutzt werden, wobei die Oszillationsfrequenz durch die Länge des Kontakts und die über den Biasstrom abstimmbare mittlere Geschwindigkeit gegeben wird. Da der charakteristische Wellenwiderstand von konventionellen langen Josephson-Kontakten jedoch viel zu klein für einen direkten Anschluss an externe Schaltungen und 50-Ohm-Kabel ist, konnten bisher nur sehr kleine Mikrowellenleistungen ausgekoppelt werden. Eine KIT-Forschergruppe konnte nun zeigen, dass sich dieses Problem durch die Verwendung eines Supraleiters mit hoher kinetischer Induktivität, granularem Aluminium, als Elektrodenmaterial lösen lässt, da sich hier der charakteristische Wellenwiderstand durch die Erhöhung der Induktivität durch die zusätzliche kinetische Induktivität um eine Größenordnung anheben lässt. Der von jedem Suprastrom-Wirbel eingeschlossene magnetische Fluss ist deutlich kleiner als das magnetishe Flussquantum Φ0. Die Swihart-Geschwindigkeit ist im Vergleich zu konventionellen Josephson-Langkontakten um ungefährt eine Größenordnung geringer.

Appl. Phys. Lett. 120 (2022) 112601

Molekülkristalle für Quanteninformations-Bauelemente

Seltenerd-Ionen können sehr schmale optische Linienbreiten aufweisen, was unmittelbar mit der sehr langen Lebensdauer der entsprechenden Spin-Zustände verknüpft ist. Dies macht ihren Einsatz für photonische Quantentechnologien sehr vielversprechend. In den meisten kristallinen Materialien ist jedoch die Kopplung an ihre Umgebung dafür zu stark. In Molekülsystemen kann diese Kopplung zwar ausreichend schwach gestaltet werden, doch es gibt üblicherweise entweder keine geeigneten Spin-Zustände oder aber sie weisen zu breite optische Linien auf.
Einem Forscherteam der Université Paris Sciences & Lettres, des IQMT und des INT gelang nun die Herstellung von Molekülkristallen mit Eu3+ -Ionen, die homogene optische Lineebreiten zwischen 5 und 30 kHz aufweisen und damit um 3 bis 4 Größenordnungen schmaler sind als bei allen bisher bekannten Molekülsystemen. Das Forscherteam konnte eine effiziente optische Spin-Initialisierung, kohärente Speicherung von Licht und eine optische Kontrolle der Wechselwirkung der Ionen untereinander, was für die Realisierung von Quanten-Gattern verwendet werden könnte, nachweisen.
Derartige Seltenerd-Molekülkristalle könnten die Grundlage für photonische Quantentechnologien bilden, bei denen die hohe Kohärenz der Seltenerd-Photonemitter mit der chemischen und strukturen Flexibiltität der molekularen Materialien die Herstellung von neuartigen integrierte Photonen-Schaltungen ermöglicht.

Nature 603 (2022) 241

Topologische Magnon-Bandstruktur in Skyrmionen-Gitter

Spin-Anregungen erfahren bei Fortbewegung in einem Medium mit topologisch nichttrivialer magnetischer Ordnung eine Ablenkung, die genau der eines elektrisch geladenen Teilchens in einem Magnetfeld entspricht. Mittels spin-polarisierter inelastischer Neutronenstreuung wurde nun die Bewegung von Magnonen, kollektiven Spin-Anregungen, in einem Gitter von Skyrmionen, schlauchförmigen quantisierten Spin-Verdrillungszonen, in MnSi untersucht. Für Magnonen-Bewegungen senkrecht zu den Skyrmion-Schläuchen lassen sich die Spektren mit der Ausbildung von Landau-Energieniveaus in einem Pseudo-Magnetfeld erklären, das den Effekt der nichttrivialen topologischen Windung des Skyrmion-Gitters beschreibt. Dies belegt eine topologische Magnon-Bandstruktur im reziproken Raum, die aus einer nichttrivialen topologischen magnetischen Ordnung im Ortsraum hervorgeht.

Science 375 (2022) 1025

Proximity-induzierter Ferromagnetismus in SrIrO3

5d-basierten Metalloxide zeigen wegen der hier nur schwach ausgeprägten elektronischen Korrelationen selten Ferromagnetismus. In SrIrO3/LaCoO3-Heterostrukturen konnte nun durch Messung des elektrischen Transport-Verhaltens in der SrIrO3-Schicht ein durch Proximity-Effekt vom ferromagnetischen isolierenden LaCo3 induzierter Ferromagnetismus, eine starke magnetokristalline Anisotropie und ein starker, intrinsischer und positiver anomaler Hall-Effekt beobachtet werden.

Adv. Mater. 34 (2022)

John-Bardeen-Preis 2022 für Jörg Schmalian

Der John-Bardeen-Preis 2022 wurde an Jörg Schmalian (KIT), Mohit Randeria (The Ohio State University) und Peter Hirschfeld (University of Florida) für ihre bahnbrechenden theoretischen Arbeiten zur Supraleitung und deren Realisierung in stark korrelierten Systemen sowie zur experimentellen Nachweisbarkeit von unkonventioneller Supraleitung verliehen.
Der Bardeen-Preis wird alle drei Jahre auf der M2S-Konferenz vergeben.
Jörg Schmalian erhält den Preis für seine nachhaltigen materialorientierten theoretischen Einblicke in unkonventionelle Supraleiter auf der Basis von Elementen des gesamten Periodensystems wie z.B. organische Supraleiter, Kuprate oder Pniktide, für seine Pionierarbeiten zum Effekt von verflochtener Ordnung sowie für seine Beschreibung von unkonventioneller Supraleitung, die über das bisherige theoretische Modell von auf aus normalen Zuständen gebildeten Quasiteilchen hinausgeht.

Impuls-Abhängigkeit der Elektron-Phonon-Kopplung

Es wurde gezeigt, dass eine starke Renormierung der Lebensdauer von atomaren Gitterschwingungen, Phononen, ohne einen Nesting-Effekt der Fermifläche oder stark anharmonische Gitterwechselwirkungen auftreten kann, wenn die Kopplung zwischen Phononen und Elektronen stark vom Impuls der elektronischen Zustände abhängt. Mittels inelastischer Neutronenstreuung, winkelaufgelöster Photoemissions-Spektroskopie und ab-initio Berechnungen der gitterdynamischen und elektronischen Freiheitsgrade wurde dieses Szenario in dem konventionellen Supraleiter YNi2B2 verifiziert.

Nat. Commun. 13 (2022) 228

Spin-Auslesen von Einzelmolekülmagneten mittels STM

Auf Seltene-Erden-Ionen basierende Einzelmolekülmagnete sind vielversprechende Kandidaten für magnetische Informationsspeicher einschießlich Qubits, da die eng um den Seltene-Erden-Atomkern lokalisierten 4f-Elektronen ein großes magnetisches Moment aufweisen. Deren starke Abschirmung von der Umgebung hat allerdings zur Folge, daß sich dieses magnetische Moment einem direkten elektronischen Zugriff entzieht. In einer Zusammenarbeit von KIT, RWTH Aachen, Universidad de Panama und CESQ Strasbourg konnte nun das Dy-Moment in Bis(phthalocyaninato)dysprosium (DyPc2)-Molekülen auf Au(111) mittels milli-Kelvin-Rastertunnelmikroskopie indirekt ausgelesen werden. Ein ungepaartes Elektron auf dem Pc-Ligand führt zu einer Kondo-Resonanz, die aber durch die ferromagnetische Austauschwechselwirkung zwischen diesem ungepaarten Elektron und dem magnetischen Moment des Dy-Ions energetisch aufgespalten wird. Mit Spin-polarisierter Rastertunnelmikroskopie konnte nun durch Messung dieser Aufspaltung des Kondo-Zustands als Funktion des angelegten Magnetfelds das magnetische Moment des Dy-Ions indirekt bestimmt werden.

Phys. Rev. Lett. 127 (2021) 123201

Auswirkung natürlicher Radioaktivität auf supraleitende Qubits

Eine Arbeitsgruppe unter führender Beteiligung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN) untersuchte die Auswirkungen natürlicher Radioaktivität auf den Betrieb von supraleitenden Qubit-Schaltungen. Einfallende hochenergetische Teilchen brechen Cooper-Paare in Quasiteilchen auf und erzeugen hierdurch über die gesamte Chip-Fläche zeitlich und räumlich korrelierte Schauer solcher energiereicher Anregungen, die nicht nur die Qubits destabilisieren, sondern durch die kohärente Destabilisierung großer Schaltungsbereiche auch Qubit-Fehlerkorrektur-Schaltungen unwirksam machen können. Unter normalen Laborbedingungen wurde nun ungefähr alle 10 Sekunden das Auftreten eines solche Quasiteilchen-Schauers beobachtet. In einem Experiment im Untergrundlabor Laboratori Nazionali del Gran Sasso und unter Verwendung einer Bleiabschirmung konnte das Auftreten solcher Quasiteilchen-Schauer um einen Faktor 30 reduziert und die interne Dissipation in den supraleitenden Schaltungen um einen Faktor 2 - 4 abgesenkt werden: Dies belegt die erhebliche Bedeutung dieser nicht-thermischen Erzeugung von Quasiteilchen bei der Qubit-Betriebstemperatur ∼ 0.1 K, bei der thermische Quasiteilchen vollständig unterdrückt werden.

Nat. Commun. 12 (2021) 2733

Elektromigration und Quantenphasenschlupf in Al-Nanodrähten

Aluminium ist derzeit das bevorzugte Material für supraleitende QuBit-Schaltungen. Bei Verkleinerung der Strukturen bis in den nm-Bereich macht sich aber die Körnigkeit der Mikrostruktur im elektrischen Verhalten bemerkbar, sodass Nanodrähte bei sehr tiefen Temperaturen je nach dem Schaltungszustand der als Josephson-Kontakte wirkenden Verbindungen zwischen den nm-großen supraleitenden Al-Körnern unterschiedlichstes elektrisches Verhalten zeigen können. Am IQMT wurde nun in Zusammenabeit mit dem PI(KIT), der MISIS Universität Moskau und der RMIT Universität Melbourne ein Verfahren entwickelt, bei dem der normalleitende Widerstand RN solcher Nanodrähte gezielt um bis zu 3 Größenordnungen gesenkt und hierdurch wahlweise isolierendes, metallisches oder supraleitendes Verhalten eingestellt werden kann. Bei dieser internen Elektromigration ("IEM") werden bei einer sukzessiven Erhöhung der Stromstärke der Pulse offensichtlich jeweils die mit dem höchsten elektrisch Teilwiderstand verbundenen Körner voll supraleitend verbunden, sodass damit der Gesamtwiderstand als Funktion der Strompulsstärke in immer kleiner werdenden Stufen verringert werden kann. Die RN-Variabilität ermöglichte die Bestätigung des theoretisch vorhergesagten Quantenphasenschlupf-Verhaltens ("QPS") von supraleitenden Nanodrähten. Durch die Dualität von Ladung und quantenmechanischer Phase ergibt sich damit die Perspektive zum Aufbau einer neuartigen, zu Josephsonkontakt-Schaltungen analogen QPS-Quantenelektronik.

ACS Nano 15 (2021) 4108

Keine Divergenz der nematischen Suszeptibilität in CsFe2As2

CsFe2As2 weist mit einem Sommerfeld-Koeffizienten von 180 mJ/(mol K2) den größten Elektronen-Beitrag zur spezifischen Wärme unter allen bekannten Fe-basierten Supraleitern auf, ein Wert der nur mit dem von Schwerfermionen-Materialien vergleichbar ist und die extrem starken elektronischen Korrelationen belegt. Mittels einer auf dem piezoelektrischen Effekt beruhenden Dehnungszelle konnte nun bei der Messung der Elastoresistanz, der Dehnungsabhängigkeit des elektrischen Widerstands, die thermische Ausdehnung neutralisiert und dadurch ein in der Fe2As2-Schichtebene weitgehend symmetrisches Antwortverhalten des Elektronensystems beobachtet werden. Eine bislang vermutete Divergenz der nematischen Suszeptibilität, der Brechung der Symmetrie bezüglich der Richtungen in dieser Ebene, kann somit ausgeschlossen werden. Die Messdaten lassen sich mit einem Schwerfermionen-Verhalten bei tiefen Temperaturen verstehen, das zu höheren Temperaturen hin aufgrund der hinsichtlich der Atomabstände extrem empfindlichen Orbital-selektiven Mott-Physik zu einer kontinuierlichen Abnahme der Kohärenz der schweren Quasiteilchen führt.

Phys. Rev. Lett. 125 (2020) 187001

Rein optische Polarisation des Grundzustands von Eu-Kernspins

In einer Zusammenarbeit von CNRS-Université de Strasbourg, KIT und der Université PSL (Paris Sciences & Lettres) gelang ein weiterer Schritt hin zu einer auf Einzelmolekülen basierenden Schnittstelle zur Speicherung der Quanteninformation von kohärentem Licht in Atomkern-Spins: Bei 1.4 K konnte im Absorptionsspektrum eines auf zwei Eu(III)-Ionen basierenden Molekülkomplexes ein langlebiges spektrales Loch gebrannt werden, was eine effiziente Polarisation des Grundzustands der Spins der Seltene-Erden-Ionen belegt, die sich in Form einer optischen Kohärenz-Lebensdauer T2opt=14.5±0.7 ns und einer Grundzustands-Populations-Lebendauer der Kernspins T1spin=1.6±0.4 s quantifizieren lässt. Dies ist eine Grundvoraussetzung für eine rein optische Initialisierung und Adressierung von Kernspins.

Nat. Commun. 12 (2021) 2152

DFG unterstützt ELASTO-Q-MAT-Initiative

Ein neuer überregionaler Forschungsverbund (SFB-TRR) ELASTO-Q-MAT zwischen dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Goethe-Universität Frankfurt, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz und dem Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden wird Quantenmaterialien untersuchen, deren Eigenschaften sich durch elastische Verformung drastisch ändern lassen.

Nematische Korrelationslänge in Fe-basierten Supraleitern

Für FeSe und Ba(Fe1-xCox)2 As2 (x = 0.03, 0.06) wurde mittels inelastischer Röntgenstreuung die Dispersion des weichen transversal-akustischen Phonons gemessen und daraus die nematische Korrelationslänge ξ abgeleitet. Die für alle Proben gefundene Temperaturabhängigkeit ξ ∝ (T-T0)-0.5 zeigt zusammen mit früheren Arbeiten zum Curie-Weiss Verhalten der nematischen Suszeptibilität Molekularfeld-Verhalten des nematischen Phasenübergangs. Dies weist auf eine beträchtliche nemato-elastische Kopplung hin, die sich wohl nachteilig auf die supraleitenden Eigenschaften auswirkt.

Phys. Rev. Lett. 124 (2020) 157001

Rekord-Magnetisierung in FePt-Nanomaterialien

Mit ferromagnetischen FePt-Nanopartikeln wurde bei Raumtemperatur ein Energieprodukt von 80 MGOe erreicht (bisheriger Rekord 59 MGOe in NdFeB). Mittels 3 nm Au-Bedeckung konnte die magnetische Polarisation dieser Nanomagnete um 25% auf üer 1.8 T gesteigert werden. Diese außergewöhnliche Magnetisierung und Anisotropie wurde durch verschiedene Abbildungs- und Spektroskopie-Methoden bestätigt.

Small (2019) 1902353

Niederenergetische Phonon-Anomalien In Kupraten

Bei der Untersuchung der Gitterschwingungen in Streifen-geordnetem La2-xBaxCuO4 und deren Kopplung an die Ladungsdichtewelle ("CDW"). zeigte sich, dass die bei hohen Temperaturen auftretenden CDW-Fluktuationen eine andere Periodizität als die statische CDW besitzen, aber die gleiche Periodizität wie YBa2Cu3O6+δ, was durch Kopplung zwischen der CDW und Spin-Korrelationen zustande kommen kann. Dies erklärt die unterschiedlichen Wellenvektoren bei YBa2Cu3O6+δ und La2-xBaxCuO4 und legt einen gemeinsamen Ursprung der CDW-Instabilitäten in verschiedenen Kupraten trotz unterschiedlicher Ordnungs-Wellenvektoren nahe.

Phys. Rev. X 8 (2018) 11008

Thermodynamischer Beleg für FFLO-Zustand im KFe2As2-Supraleiter

Das magnetische Phasendiagramm von KFe2As2 in der Umgebung des oberen kritischen Felds zeigt bei exakter Ausrichtung des Felds entlang der FeAs-Lagen einen deutlich zweifachen Übergang und eine charakteristische Aufwärtsbiegung des Verlaufs des oberen kritischen Felds weit über den Pauli-Grenzwert 4.8 T. Dies ist ein deutlicher Beleg für die Existenz des Fulde-Ferrell-Larkin-Ovchinnikov-Zustands ("FFLO")im Fe-basierten Supraleiter KFe2As2.

Phys. Rev. Lett. 119 (2017) 217002

Magnetische Wechselwirkung dominiert in BaFe2As2

Die Hochtemperatur-Supraleitung in auf Fe basierenden Materialien steht in enger Verbindung mit magnetischen, aber auch orbitalen, Gitter- und nematischen Freiheitsgraden. Bei BaFe2As2 weisen die Anisotropien der magnetischen Suszeptibilität und des elektrischen Widerstands bei Anlegen einer starken symmetriebrechenden Dehnung auf eine dominante Rolle des Magnetismus in dieser Hierarchie von Wechselwirkungen.

Nat. Commun. 8 (2017) 504

TiOx-Nanoröhren für Gas-Analyse-Multisensoren

Im Hinblick auf kostengünstige, aber dennoch hochempfindliche und -selektive Gas-Sensoren zur zuverlässigen Umweltüberwachung wurden TiOx-Nanoröhren-Schichten auf Multisensor-Array-Chips hergestellt. Bei Betriebstemperaturen bis zu 400°C konnte eine vielversprechende Empfindlichkeit und Selektivität hinsichtlich organischer Dämpfe im ppm-Bereich gezeigt werden.

Sci. Rep. 7 (2017) 9732

Raman-Streuung an der Higgs-Mode in Ca2RuO4

Die quasi-2d antiferromagnetische Ordnung in Ca2RuO4 wurde als Kondensat von energetisch tief liegenden Spin-Bahn-Exzitonen mit Drehimpuls Jeff=1 beschrieben. Raman-Streuung für unterschiedliche Polarisations-Geometrien erlaubt die Unterscheidung der Amplituden-(Higgs-)-Mode dieses Kondensats von Magnonen-Beiträgen. Zusammen mit neueren Daten aus der Neutronenstreuung ist die ein starker Anhaltspunkt für exzitonischen Magnetismus in Ca2RuO4.

Phys. Rev. Lett. 119 (2017) 67201

Elektron-Phonon-Kopplung in Topologischen Isolatoren

Die Elektron-Phonon-Wechselwirkung im metallischen Oberflächenzustand von 3D Topologischen Isolatoren wurde auf der Basis einer grundlegenden Theorie überarbeitet. Für Bi2Se3 und Bi2Te3 ergibt sich eine schwache Gesamtkopplungskonstante < 0.15. Die vorherrschende Kopplung kommt durch optische Moden mit polarem Charakter zustande, der nur schwach von dem metallischen Oberflächenzustand abgeschirmt wird. Diese Kopplung kann durch Dotierung in Festkörper-Volumenzustände weiter verringert werden.

Sci. Rep. 7 (2017) 1059